CDU Stadtverband Bocholt

Haushaltsrede 2022

Rede des Vorsitzenden
 der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Bocholt Burkhard Weber in der Sitzung 
der Stadtverordnetenversammlung am 14. Dezember 2022 zum Haushaltsplanentwurf 2023

In der heutigen Sitzung wollen wir den Haushalt der Stadt Bocholt für das kommende Jahr 2023 verabschieden. Wir sind sehr froh und dankbar, dass es wieder gelungen ist, in der gegebenen Kürze der Zeit mit der gebotenen Intensität und dem von uns allen erwarteten Verantwortungsbewusstsein für unsere Stadt Bocholt diesen Beschluss heute zu fassen. Die CDU-Fraktion wird dem Haushalt in der jetzt vorliegenden Version zustimmen.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle unseren ganz besonderen Dank an unsere Kämmerin Jennifer Schlaghecken mit ihrem Team, die uns strukturiert, souverän und manchmal auch mit einem über ein normales Maß hinausgehenden Arbeitseinsatz durch die Haushaltsberatungen geführt hat, immer für Fragen zur Verfügung stand und durch detaillierte Vorarbeit manches vereinfacht und beschleunigt hat. Herzlichen Dank.

Doch worum geht es in diesem Haushalt? Wir werden in 2023 243 Mio Euro für unsere Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger aufwenden. Diesen Aufwendungen stehen leider nur 231 Mio Euro an ordentlichen Erträgen gegenüber. Aufgrund einer gut aufgestellten Wirtschaft in Bocholt und einer sehr engagierten Bürgerschaft geht es uns als Kommune finanziell vergleichsweise dennoch gut, so dass uns dieses planerische Defizit weniger zur Resignation, sondern mehr zur Aktion motivieren sollte!

Im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir in der letzten Zeit viel gemeinsam über die städtischen Finanzen gesprochen. Allen Beteiligten aus Rat und Verwaltung danke ich an dieser Stelle für die zielorientierte Arbeit für unser Bocholt und alle Menschen, die hier leben, arbeiten und zu Gast sind. Ich freue mich auf die Beratungen in der gemeinschaftlich beschlossenen interfraktionellen Arbeitsgruppe zur mittelfristigen Konsolidierung des Haushalts! 

Appropos interfraktionelle Zusammenarbeit: Herzlichen Dank den Kollegen der FDP, dass unsere Anregungen zu einem Bürgersolarpark aus der letzten Sitzung des Ausschuss Umwelt und Grün aufgenommen und nahezu 1:1 übernommen und verschriftlicht wurden. Dass dieser Prüfantrag gleich am nächsten Tag auf FDP Briefpapier beim Bürgermeister eingegangen ist, freut uns natürlich besonders! Einzig der Begriff „Bürgergenossenschaft“ weicht ein wenig von „Bürgersolarpark“ ab, inhaltlich deckt sich das aber: Eine breite Zielgruppe soll die Möglichkeit erhalten, sich im Bereich der Fotovoltaik, ggf auch gefördert, zu engagieren. Und eben nicht nur eine kleine Gruppe derer, die die praktischen Voraussetzungen für Balkonkraftwerke überhaupt erfüllen können, wie es ursprünglicher Ansatz der Kollegen war. Und wir gehen hier auch noch weiter: Windenergie und Geothermie dürfen im Rahmen der Prüfung nicht außen vor bleiben. Und da wir ja auf die Sache hinarbeiten, werden wir diesem FDP Antrag selbstverständlich mit der entsprechenden Erweiterung zustimmen und sind auch in Zukunft gerne Ideengeber.

Doch zurück zum Haushalt und der notwendigen Konsolidierung: Welche Möglichkeiten stehen uns hier überhaupt zur Verfügung? Eigentlich nur zwei:
Verbesserung der Einnahmeseite oder Optimierung der Ausgabenseite! Zur Verbesserung der Einnahmeseite trägt unsere breit aufgestellte Wirtschaft in der Region jetzt schon bei. Erfreulich hohe Gewerbesteuerzahlungen und auch der hohe kommunale Anteil an der Lohnsteuer belegen eine in Summe gut funktionierende Wirtschaft mit einer guten Lohnstruktur. Als CDU sind wir dankbar, zu dieser Entwicklung in den vergangenen Jahren maßgeblich beigetragen zu haben. Um hier auch in Zukunft die richtigen Weichen stellen zu können ist für die CDU in der Diskussion um das Gewerbeflächenkonzept der Ansatz „Ökonomie vor Ökologie“ in letzter Konsequenz auch nicht diskutabel. Die Stärkung der Wirtschaft und Bereitstellung funktionierender Infrastruktur wird weiter zentrales Thema für die CDU bleiben, Steuererhöhungen im Bereich der Gewerbesteuer lehnen wir ab.
Ebenfalls steht die CDU nicht für eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auf der jetzigen rechtlichen Grundlage zur Verfügung!
Bliebe die Optimierung der Ausgabeseite. Hier stellen die Investitionen in zum Beispiel Schulen, Kindertageseinrichtungen, Infrastruktur als auch die intensiv diskutierte Investitionen in unser Rathaus mit Kulturzentrum nicht das zentrale Problem dar, denn hier werden Rahmenbedingungen geschaffen, die ein zukünftiges gemeinschaftliches Leben in unserer Stadt ermöglichen.
Unter einer etwas anderen Betrachtung stehen für uns die konsumtiven Ausgaben in Bocholt. Mit ihnen werden keine materiellen Werte geschaffen, wenngleich sie zu einem wesentlichen Teil dazu beitragen, dass unsere Stadt funktionieren kann. Hier seien Personalkosten für immer weiter zunehmende und umfangreicher werdende Aufgabengebiete genannt, aber auch Aufwendungen in den Erhalt und die Pflege unserer Infrastruktur sind und bleiben von Nöten.
Doch an vielen Stellen leisten wir Dinge, die wir als Kommune nicht leisten müssten oder haben Standards gesetzt, die über den gesetzlich geforderten Normen liegen. Das war bei Beschlussfassung jeweils so gewollt und sicher auch gut! Jetzt gilt es aber, den aktuellen Anforderungen gerecht zu werden und eine Kehrtwende zu vollziehen, um so einem Abwärtstrend in der kommunalen Haushaltslage entgegenzuwirken. Hier wird in den nächsten Monaten eine intensive Debatte zu führen sein. Es gilt sehr genau abzuwägen, was wir uns auch in Zukunft noch leisten wollen und auf welche Leistungen wir ohne großen Schaden für die Gesellschaft verzichten können. Diese Konsolidierungsmaßen dürfen nicht auf dem Rücken einer Bevölkerungsgruppe umgesetzt werden, hier wird jeder seinen Anteil zu tragen haben. Dass wir durch die Erfüllung manch freiwilliger Leistung an vielen Stellen auch pflichtige Leistungen gar nicht erst notwendig werden lassen, muss uns immer bewusst bleiben! Hier trägt die Arbeit der Vereine und Verbände in den Quartieren, für die wir sehr dankbar sind, wesentlich zu bei. Dennoch wird es unvermeidbar sein, dass Einschnitte spürbar werden.

Liebe Bocholterinnen und Bocholter, an dieser Stelle darf ich schon jetzt um Ihre Akzeptanz hierzu bitten. Ich bin mir sicher, dass uns als Stadtverordnetenversammlung das „Neinsagen“ nicht leicht fallen wird und ich bin mir auch sicher, dass Ihnen der Verzicht an der einen oder anderen Stelle auch vielleicht schmerzlich nahe gehen wird. Aber genauso sicher bin ich mir auch, dass wir gut durch die Zeit kommen, wenn wir hier zusammenstehen und uns gegenseitig unterstützen statt zu beschimpfen.

Ein deutliches „Nein“ haben wir bereits zur Umgestaltung der Ravardistraße zum jetzigen Zeitpunkt gesagt. Auch, wenn diese Maßnahme durch eine in Aussicht gestellt Förderung nicht komplett zu unseren Lasten gegangen wäre, so hätten wir dennoch ca. 4,5 Mio. Euro Steuergelder in die Umgestaltung einer grundsätzlich funktionierenden Straße investiert. Dass es hier an der einen oder anderen Stelle Optimierungsbedarfe gibt, sei unumstritten. Im Rahmen der Aktion „Gärten in der City“ haben wir gesehen, wie auch mit kleinen Maßnahmen große Effekte zu erreichen sind. Lasst uns die Attraktivität unserer Stadt auch mit diesen kleinen Dingen steigern und sie mit Leben füllen. Zu letzterem können wir alle beitragen!

Ein deutliches „Ja“ haben und werden wir als CDU Fraktion zum Fortbestand unserer städtischen Tochter EWIBO sagen. Es gilt, nach vorne zu sehen und die eingeleitete Umstrukturierung hin zum Kern der sozialen Teilhabe fortzuführen. Wir sind überzeugt, dass wir zusammen mit einer dann wieder erstarkten Gesellschaft Gutes für Bocholt, Gutes für seine Bürgerinnen und Bürger und auch Gutes für unsere Gäste erreichen können! Wir haben erfahren dürfen, wie motiviert und engagiert das Personal im Team arbeitet, wie Hilfe da ankommt, wo sie benötigt wird. Lassen Sie mich eins all denen sagen, die an diesem nicht einfachen Umgestaltungsprozess mitarbeiten und die auch trotz in Teilen manchmal unfairer Kritik erhobenen Hauptes ihre Arbeit in Bocholt verrichten: Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EWIBO, danke, dass Sie und Ihr da seid!

Ebenfalls ein deutliches „Ja“ sagt die CDU Fraktion zur grundsätzlichen Zukunft des Stadtmuseums. Die von vielen diskutierte, reine Standortfrage ist dabei aus unserer Sicht zu kurz gegriffen. Das Museum muss auch in Zukunft seinem Bildungs- und Repräsentationsauftrag für die Stadt Bocholt in zeitgemäßer Form auch für junge Menschen gerecht werden können. Nur, wenn dies zukünftig möglich ist, ist eine Millioneninvestition in den alten oder einen alternativen Standort vor dem Bürger zu rechtfertigen. Daher fordern wir von der Verwaltung die Erstellung und Vorlage eines schlüssigen Museumskonzeptes im ersten Halbjahr 2023. Die Chance, diese zukunftsweisenden Voruntersuchungen in die Standort- und Investitionsentscheidung einfließen zu lassen, dürfen wir uns nicht entgehen lassen.


Sehr geehrte Damen und Herren, wir stecken in schwierigen Zeiten, die uns alle fordern, jeden auf seine Weise. Die Themen sind vielfältig und im Rahmen einer Haushaltsrede nicht alle anzusprechen. Oft stehen wir vor Themen, mit denen wir nie gerechnet hätten, konfrontiert zu werden. Wer heute sagt, er hätte vor fünf Jahren schon gewusst, dass uns mal ein unsägliches Virus im Bann hält oder sie hätte gewusst, dass ein narzisstischer Despot ein freies Land angreift, der mag überirdische Fähigkeiten haben oder fernab der Realität leben. Wir müssen uns immer wieder auf neuen Situationen einstellen, Argumente Für und Wider in die Abwägungen einbeziehen und am Ende entscheiden. Je intensiver und fundierter solche Abwägungsprozesse durchgeführt werden können, um so sicherer kann man am Ende sein, eine gute Entscheidung getroffen zu haben. Doch all dies fordert zeitliches Engagement und auch finanzielle Ressourcen, die im Rahmen ehrenamtlicher Kommunalpolitik eher geringer als mehr werden. Die Aufgaben, um die sich Politik zu kümmern hat, werden mehr: U3 Betreuungen, Digitalisierung und Notanlaufstellen seien nur als Beispiel genannt. Dazu kommt eine immer intensivere Informationsflut und leider auch mehr und mehr die Erkenntnis, dass oft das Gemeinwohldenken hinter dem persönlichen Anliegen mancher Bürgerinnen und Bürger zurückstecken muss. All das macht es Politik leider nicht einfacher, abzuwägen und zu entscheiden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich freuen, wenn wir auch hierzu im kommenden Jahr in den offenen Dialog treten können, wie wir unsere Arbeit optimieren und effektivieren können, denn eins muss uns allen bewusst bleiben:
Nicht jede Entscheidung ist immer richtig, aber eine nicht getroffene Entscheidung ist garantiert nicht richtig!

Schließen möchte ich mit einem Zitat von Albert Einstein:

„Auf Veränderungen zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine frohe und gesegnete Weihnachtszeit im Kreise Ihrer Lieben, einen guten Übergang in ein hoffentlich etwas normaleres Jahr 2023 und vor allem Gesundheit, Gottes Segen und der Welt den Frieden!