Rede des Vorsitzenden der CDU Fraktion im Rat der Stadt Bocholt, Burkhard Weber in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 18. Dezember 2019 zum Haushaltsplanentwurf 2020
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
zunächst gilt der Dank der CDU Fraktion und auch mein ganz persönlicher allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und der städtischen Töchter, die in den vergangenen Wochen und Monaten bei der Erstellung des umfangreichen Haushalts mitgewirkt haben. Sehr geehrter Herr Elsweier, lieber Kai, bitte gib diesen Dank weiter. Wir freuen uns, dass auch in diesem Jahr ein aus CDU-Sicht beschlussfähiger Haushaltsentwurf bereits zum Jahresende für das Folgejahr vorliegt. Danke der Verwaltung. Wir als CDU Fraktion werden dem Haushalt zustimmen.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
während des Festaktes zum 100-jährigen Jubiläum der Volkshochschule Bocholt Rhede Isselburg schien mir für einen ganz kurzen Moment die Finanzierungsthematik für viele anstehende Bocholter Aufgaben als geregelt an: Es regnete während einer Darbietung des Wunderhorn Quartetts Milliardenbeträge von der Bühne, 200 Milliarden habe ich erhaschen können…
Wenn es doch mal immer so einfach wäre… obwohl, ist es wirklich so schlimm in Bocholt? Ich denke nein! Der Jahresabschluss 2018 der Stadt weist eine Bilanzsumme in Höhe von 757,4 Mio Euro aus, Bocholt steht mit seiner Eigenkapitalquote in Höhe von 43,2% überdurchschnittlich gut da. Kontinuierlich können wir in Kitas, Schulen und Infrastruktur investieren. Mit dem gleich zu beschließenden Haushalt für 2020 geben wir allein für Schulbauprojekte aus der Prioritätenliste wieder 10,3 Mio Euro frei. Das ist gut so. Auch wenn gute Bildung nicht nur von guten Schulgebäuden ausgeht, so müssen sie doch den heutigen Anforderungen an moderne Bildung auch baulich entsprechen. An diesen Verbesserungen arbeiten wir gerne mit, die sachliche Ausstattung behalten wir parallel mit im Auge und investieren auch hier. Bereits im vergangenen Jahr konnten wir auf Antrag der CDU Fraktion die ersten 800.000 Euro für die Umsetzung der Medienkonzepte bereitstellen, mit den jetzt eingestellten 1,2 Mio Euro unterstützen wir diesen Weg weiter. Die weitere Digitalisierung Bocholts ist uns wichtig, darum auch unser Antrag zur Aufnahme einer halben Million Euro zur Verbesserung der Hardwarestruktur in der Stadtverwaltung. Hardware ist selbstverständlich nicht gleich Digitalisierung, aber ohne geht’s nun mal auch nicht.
Auch bei den Kitas bleiben wir am Ball, so gehen im kommenden Jahr 8 Bauprojekte in die Umsetzung und vergrößern somit weiter das in Bocholt zur Verfügung stehende Angebot an Betreuungsplätzen in den diversen Betreuungsarten. Durch gesetzliche Anpassungen wie z.B. die Revision des Kibiz Gesetzes steigen in diesem Bereich die Belastungen für Bocholt, ohne dass wir Einfluss nehmen könnten. In Summe rechnet der Fachbereich Jugend, Familie und Sport mit einem Mehraufwand in Höhe von ca 4 Mio Euro. Umso wichtiger ist das Engagement der freien Träger der Kindertagesstätten, stellvertretend für alle seien hier die Kirchen genannt. Würden diese sich in Bocholt nicht so engagieren und die Einrichtungen mit eigenen Mitteln unterstützen, käme auf uns eine noch viel größere Aufgabe und finanzielle Belastung zu. Gemeinsam mit den freien Trägern wollen wir als CDU stetig daran arbeiten, diese Situation fortzuführen und wo möglich noch zu verbessern.
Gut ist es, dass wir uns noch zwei Schwimmbäder leisten, so hat das Schulschwimmen Raum, aber auch die Schwimmvereine können zahlreiche Übungs- und Trainingseinheiten anbieten. Diese Bäder leisten wir uns, nicht weil wir es müssen, sondern weil wir es wollen! Das in Bocholt insgesamt ausgeprägte Vereinsleben zusammen mit dem sehr engagierten Ehrenamt arbeitet vorbeugend hervorragend im Sozialgefüge unserer Stadt mit und wird oft tätig, bevor Sozialarbeiter gerufen und somit teure Parallelstrukturen geschaffen werden müssen. Darum werden wir an den freiwilligen Leistungen der Stadt Bocholt in der Sportförderung sowie auch der Bocholter Ehrenamtsstrategie weiter festhalten.
Gleichzeitig müssen wir den Vereinen aber auch wieder mehr Möglichkeiten und Freiräume geben, ihr Vereinsleben außerhalb der internen Angebote zu gestalten und für ihre Arbeit werben zu können. Die weitere Eventisierung städtischer Veranstaltungen gilt es in diesem Zusammenhang zu überdenken, wir brauchen zeitliche Freiräume, in denen auch kleinere Vereine ihre ehrenamtlich organisierten und mit geringem Budget ausgestatteten Feste der Bocholter Bevölkerung zugänglich machen können, ohne sich gegen überregional beworbene städtische Veranstaltungen behaupten zu müssen. Hier seien beispielsweise die Schützenfeste oder auch Sommerfeste der verschiedenen Vereine erwähnt.
Sehr geehrte Damen und Herren, sie haben es aus meinen Ausführungen bestimmt vernommen: Vieles läuft gut, in manchen Bereichen gibt es aber auch noch Luft nach oben, wie man so schön sagt. Aber ist es zwingend förderlich, immer eine perfekte, 100 prozentige Ausstattung vorzuhalten? Kann es nicht auch mal sinnvoll sein, sich mit 80 Prozent zufrieden zu geben, diese dafür aber breiter aufzustellen? Leider ist es daher auch mal nötig, nein zu sagen. Wir können nicht alles kostenlos anbieten und wir können auch nicht ohne Maß investieren. Der Ruf nach maßlosen Investitionen in Steine, frei nach dem Motto: „Hau raus die Kohle, wir schaffen uns doch Werte, die nächste Inflation kommt bestimmt und die geschaffenen Werte bleiben uns dann erhalten“ wird bei der CDU nicht auf Widerhall stoßen. Wir wollen nicht, dass solche Scheine wieder Realität werden! Wir sind überzeugt, dass es durch die Fortführung der maßvollen und breit aufgestellten Finanzpolitik sowohl im investiven als auch im konsumtiven Bereich gelingt, Bocholt als liebenswerte, familienfreundliche Stadt zu gestalten. Eine Stadt, in der es für jeden etwas gibt: ob jung oder alt, ob arm oder reich, ob deutsch oder nicht-deutsch!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, zweifelsohne gehört zu dieser Familienfreundlichkeit auch der Blick auf unsere Erde in der Zukunft, auf die Erde, in der die Kinder von heute das Leben von morgen gestalten sollen, dürfen und auch müssen. Hierzu müssen wir uns außerhalb jeglicher Parteipolitik, und das besonders im anstehenden Wahlkampfjahr, auf Maßnahmen einigen, die wir in Bocholt umsetzen können und die einen Beitrag zur Klimaverbesserung leisten. Als CDU haben wir uns gerne an der Aufstellung eines gemeinsamen Maßnahmenplans beteiligt, dessen Ergebnisse hoffentlich dann im ersten Quartal 2020 vorliegen werden. Das funktioniert aber nur, wenn wir alle hier das mit dem „gemeinsam“ auch ernst nehmen wollen. Wir wollen!
Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass Klimaschutz kostet und wir alle unseren Beitrag dazu leisten müssen. Das muss sich nicht immer in finanziellen Belastungen ausdrücken, das kann auch mal der Verzicht auf liebgewonnene Gewohnheiten oder auch die Hinterfragung seines eigenen Einkaufsverhaltens sein. Ist es ökologischer, sich vom Sofa einen Artikel aus dem Internet zu bestellen, der dann vom Paketboten zur Tür gebracht wird, oder eventuell mit dem Fahrrad zum lokalen Einzelhändler zu fahren, um den Artikel gleich mit nach Hause zu nehmen? Das fördert nicht nur den Einzelhandel, sondern auch das Klima und ganz nebenbei die eigene Gesundheit. Hier kann das städtische Förderprogramm „Lastenräder“, dass die CDU auch für 2020 befürwortet, einen kleinen Beitrag leisten.
Das rettet selbstverständlich nicht das Klima, wir müssen weiterhin in sinnvolle und effektive Maßnahmen investieren. Aber alles Geld, das wir für den Klimaschutz ausgeben, muss zunächst verdient werden. Wenn wir das in Bocholt umsetzen wollen, dann brauchen wir auch Gewerbeflächen inclusive der notwendigen Infrastruktur. Ein Unternehmen, das sich in Bocholt nicht ansiedeln kann, weil es keine Flächen mehr bekommen kann, wird bestimmt auch keinen finanziellen Beitrag zur Bocholter Klimapolitik leisten! Und dann ist es wichtig, Klimaschutzmaßnahmen auf ihre Effektivität zu bewerten und denjenigen, die über ihre Gewerbesteuerzahlungen dazu beitragen, dass Geld für den Klimaschutz bereitsteht, nicht das Wasser abzugraben, sondern ihnen weiterhin die Möglichkeit zu geben, ihr Gewerbe ausführen zu können. Dass bei aller Notwendigkeit der ökonomischen Betriebsführung die ökologischen Aspekte nicht zu kurz kommen, darauf werden unsere Bocholter Unternehmerinnen und Unternehmer achten, da bin ich mir sicher!
Bei einem Thema sind wir aber nicht dabei: Wir werden es nicht akzeptieren, dass unsere Landwirte als die Klimakiller schlechthin an den Pranger gestellt werden. Die Landwirte versorgen uns mit unseren Lebensmitteln! Solange wir lieber 1000 Euro für ein Mobiltelefon als 10 statt 7 Euro für ein Kilo Schweinefleisch ausgeben, solange wir lieber die am anderen Ende der Welt produzierten Lebensmittel anstelle der lokal angebauten Nahrungsmittel kaufen, weil sie verrückterweise auch noch günstiger sind, solange die Kartoffel im Regal liegen bleibt, weil sie etwas zu klein ist, solange haben wir kein Recht auf unsere Landwirtschaft in dem Maße draufzuhauen, wie es teilweise derzeit geschieht.
Und um mich nicht falsch zu verstehen, Landwirtschaft und Klimaschutz schließen sich nicht aus. Ohne unsere Landwirte sind eminent wichtige Klimaschutzmaßnahmen wie die Energiewende oder die CO2 Bindung in Humusböden nicht effizient realisierbar! Somit gehören unsere Landwirte mit zu den wichtigsten Klimaschützer!
Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, auch wenn der Nordring in den Augen vieler vermeintlich als klimaschädlich betrachtet wird, diese Einschätzungen teilen wir nicht und werden uns darum weiterhin für dieses wichtige Infrastrukturprojekt einsetzen. Die Gründe liegen auf der Hand:
Nur mit dem Nordring können wir die für Bocholt wichtigen Wohnbauflächen entwickeln und so auch jungen Familien den Nestbau in Bocholt ermöglichen und sie so an unsere Heimatstadt zu binden. Wie das mit einer Seilbahn funktionieren soll, verstehe ich nicht.
Nur mit dem Nordring gelingt es uns, den Durchgangsverkehr aus unserem Innenstadtbereich zu leiten. Das führt nicht nur zu einer Entlastung der innerstädtischen Straßen, das trägt auch zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei. Gerade im Bereich Adenauerallee/Herzogstraße/Stenerner Weg, der von vielen Schülerinnen und Schülern zum Schulweg gehört, brächte der Nordring eine Verbesserung der Verkehrssicherheit. Wie Durchgangsverkehr mit einer Seilbahn abgeleitet werden kann, verstehe ich nicht.
Nur durch den Nordring können wir das St Agnes Hospital als wichtigen Teilstandort im Klinikverbund Westmünsterland, der Bocholt nicht nur mit Gesundheitsdienstleistungen -und das nicht nur bei Notfällen- versorgt , sondern auch ca 1500 Arbeitsplätze bietet, an das übrige Kreisgebiet sowie Nachbarkreise anbinden. Eine Anbindung, wie sie bereits bei der Standortauswahl in Stenern in den 70er Jahren Plangrundlage war. Wie diese Anbindung durch eine Seilbahn ersetzt werden kann, verstehe ich nicht.
Nur durch den Nordring werden wir auch in Zukunft in der Lage sein, die nötige Infrastruktur bereit zu stellen, denn: Auch wenn der Verbrennungsmotor durch E-Antriebe oder sonstige Innovationen ersetzt wird, der ÖPNV weiter an Bedeutung gewinnen wird, der Fahrradverkehr zum zentralen Fortbewegungsmittel wird, kurzum, unser Mobilitätsanspruch sich ändert, verzichten können werden wir vorerst nicht auf Mobilität und alle Konzepte der Zukunft werden Wege und Straßen brauchen, auf denen Mobilität stattfinden kann. Ein Fahrrad in einer Seilbahn mitzunehmen, das verstehe ich, aber einen Bus, das verstehe ich nicht!
„Scotty, beamen sie mich hoch“ werden wir wohl nicht mehr erleben.
Aber der Nordring alleine wird gewiss nicht all unsere Mobilitätsfragen und Probleme lösen. Wie lösen wir das Problem und den Interessenkonflikt beim motorisierten Individualverkehr in der Innenstadt? Wie kann der ÖPNV in Bocholt, dessen stärkster Konkurrent sicherlich das noch ökologischere Verkehrsmittel „Fahrrad“ hier ist und sein wird, weiter gestärkt werden, ohne zeitgleich die Verhältnismäßigkeit der finanziellen Aufwendungen aus dem Blick zu verlieren? Fragen, die Lösungen suchen, Lösungen, die gemeinsam im Mobilitätskonzept entwickelt werden. Wer daran mitarbeitet, der bringt auch Lösungen mit hervor. Das ist effektiver als einfach einen nach dem anderen Antrag im Wochenrhythmus zum Thema rauszuhauen.
Noch eine Bemerkung zur Lebensqualität und gefühlten Sicherheit in Bocholt: Der CDU Innenminister Herbert Reul hat mit seiner Null-Toleranz-Politik gegenüber Kriminalität viel Vertrauen wieder zurückgewonnen. Auch in Bocholt ist der CDU das Thema Sicherheit wichtig. Aus diesem Grund beantragt die CDU-Fraktion in der heutigen Sitzung ein Sicheres-Ravardiviertel-Konzept. Für ein Party- und Ausgehviertel ist ein Sicherheitskonzept schlichtweg sinnvoll. Zum Beispiel könnte der Bereich zum Europaplatz hin bessere beleuchtet werden. Erfahrungsgemäß hat ein solch einfaches Mittel schon einen relativ großen Effekt. Die Bocholter sollen sicher sein und sich gleichzeitig sicher fühlen. Wir sind schon gut, aber wir wollen noch besser werden. Für Gewalt und Kriminalität gibt es keine Toleranz.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass wir die großen Aufgaben in Bocholt lösen können werden, jeder ist dazu eingeladen, sich zu beteiligen, seine Ideen einzubringen und sicherlich auch für seine Ideen einzutreten. Wir als CDU werden uns in diesem Prozess für Bocholt einbringen!
So darf ich Ihnen allen nun auch im Namen der CDU Fraktion frohe und gesegnete Weihnachtstage mit hoffentlich vielen gemeinsamen Stunden im Kreise Ihrer liebsten und einen guten Übergang ins Jahr 2020 wünschen.
Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat von Henry Ford:
„Es hängt von dir selbst ab, ob du das neue Jahr als Bremse oder als Motor benutzen willst.“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!